4.1 Zentrale und dezentrale Strom- und Gasverteilernetze

Das Thema Zentrale und dezentrale Strom- und Gasverteiler­netze befasst sich mit der Frage, wie in Zukunft die Strom- und Gasversorgung funk­tionieren soll und wie dabei Energie vom einen - ins andere Netz trans­portiert werden kann. Die Farge nach zentralen oder dezentralen Anlagen stellt sich insbe­sondere bei der Nutzung der Abwärme (Kraft-Wärme-Kopplung).

4.1.1 Synthetische Wasserstofferzeugung


Hochleistungselektrolyseur an der
H2-Tankstelle München[10]
Wasser­stoff kann auf viele Wege gewonnen werden. Oft ist er Abfall­produkt aus der Industrie.
Jedoch eignet sich die elektro­lytische Wasserstoff­gewinnung besonders gut, um Strom in Gas zu verwandeln. Bei dieser wird Wasser unter Energie­zugabe durch elektrischen Strom in Wasserstoff und Sauerstoff geteilt:[1]
  2H2O → 4H2 + O2
Der Wirkungsgrad bei der Elektrolyse beträgt in modernen Anlagen bis zu 80%[2]. Wegen diesem günstigen Wirkungs­grad wird die Elektro­lyse auch häufig das Verbindungs­glied zwischen Strom und chemischer Energie darstellen. Weil man Wasser­stoff aber nur schwer speichern kann, gibt es Konzepte, um diesen in Verbindung mit Kohlen­stoff (Methan) zu binden ( ↓ SNG-Erzeugung ↓ ).


4.1.2 SNG (Synthetic Natural Gas)

4.1.2.1 SNG-Erzeugung allgemein

Unter SNG (Synthetic Natural Gas oder auch Substitute Natural Gas) versteht man die Erzeugung von erdgas­ähnlichen Gasen. In erster Linie besteht SNG aus Methan. Ein Teil­prozess der SNG-Erzeugung heißt deswegen Methan­isierung. Hierbei werden unter Druck und hohen Temp­eraturen Kohlen­monoxid und Wasser­stoff in Methan umgewandelt:[3]
  CO + 3H2 → CH4 + H2O
  CO + H2O → CO2 + H2
Als Lifer­anten für Kohlen­stoff können alle Arten organischer Substanzen (Biomasse, Holz, Kohle, etc.) genutzt werden.[4]
Zur Zeit wird SNG in großen Mengen nur in einer Anlage in den USA hergestellt; diese wandelt jedoch nur Kohle in SNG um. Es herrschte zu ihrer Ent­stehung die Angst, die Erdgas­vorräte könnten bald erschöpft sein.


4.1.2.2 Die SNG-Erzeugung aus Wasserstoff und CO2


Methan-Synthese-Reaktor
im Technikumsmaßstab[9]
Während synthetisch erzeugter Wasser­stoff gefährlich und schwierig zu lagern ist, gibt es für SNG bereits praxis­taugliche Speicher­technolo­gien, bei denen das Gas in unter­irdischen, ausge­schwemmten Salz­stöcken gelagert wird. Diese ermöglichen außerdem die Speich­erung von Hythan (Methan + Wasser­stoff)[5], was gerade bei der SNG-Erzeugung anfällt, wenn durch überhöhte Wasserstoff­zugabe unerwünschte Neben­reaktionen verhindert werden sollen.[3]

Wissen­schaftler vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) forschen in einer Zusammen­arbeit mit dem Farun­hofer­institut an einer Techno­logie, die SNG aus elek­trischem Strom und CO2 gewinnt.[6]

Der Wirkungs­grad wird für Großanlagen derzeit mit 60% angegeben.[7]

Die Rück­verwandlung von SNG in Strom ist wiederum mit großen Verlusten behaftet. Jedoch lässt sich die Abwärme hier effizient nutzen: ↓ Kraft-Wärme-Kopplung ↓.

4.1.2.3 Planungen für kommerzielle Nutzung

Die Firma Solar Fuel Technology aus Salzburg hat Interesse an der SNG-Techno­logie und plant für 2012 ein erstes SNG-Kraftwerk, das mit einer Leistung von etwa 10Mw Strom in SNG-Gas umwandeln soll.[8]
Zur Zeit gibt es nur eine 50kw-Vorführ­anlage in Stuttgart.[7]


4.1.3 Brennstoffzelle


MTU Hot Module Brennstoffzelle
im Michelinwerk Karlsruhe[11]
In einer Brennstoff­zelle kann Sauer­stoff und Wasser­stoff in elektrischen Strom umgewandelt werden. Die Reaktions­gleichung lautet:
  2H2 + O2 → 2H2O
Im Detail werden Wasser­stoff und Sauer­stoff in zwei, durch eine Membran getrennte, Kammern zugeführt. Der Wasser­stoff (H2) wird an der Anode in 2 H+ gespalten. Die beiden frei­gewordenen Elektronen wandern durch den Stromkreis zur Kathode. Hier wird durch vier solcher Elek­tronen der Sauer­stoff (O2) in 2 O-- gespalten. Angetrieben durch die elektrische Anziehung wandern die H+ - Ionen (Die als einzige Teilchen in der Reaktion klein genug dafür sind) durch die Membran in die Sauerstoff-Kammer. Hier reagieren nun zwei H+ - Ionen mit einem O-- - Ion zu Wasser.[12]

Es gibt unterschiedliche Typen von Brennstoff­zellen. Der Aufbau einer Brennstoff­zelle eines Typen unter­scheidet sich maß­geblich von dem - eines anderen Typen. Einige Brennstoff­zellen verwenden sogar andere chemische Stoffe anstelle von Sauer­stoff und Wasser­stoff, wie etwa die DMFC-Bernnstoff­zelle[13]. So lassen sich Brennstoff­zellen auch für die Umwandlung von SNG in Strom nutzen; dafür wird das Methan vor der Verwendung in der Zelle durch Methan-Dampf-Reformierung wieder in Kohlen­stoff und Wasser­stoff geteilt[14].

Ein großer Nachteil von Brennstoff­zellen ist die Reaktions­trägheit. Um eine hohe Leistung der Zelle zu erreichen, werden an der Kathode Kataly­satoren, wie Platin oder Palladium benötigt. Diese sehr seltenen Metalle machen die Brennstoff­zellen sehr teuer, auch wenn es inzwischen Verfahren gibt, die die Menge des Kataly­sators stark reduzieren.[15]
Außerdem können Leistung und Effizienz durch erhöhen der Betriebs­temperatur gesteigert werden, zum Beispiel bei der SOFC- und MCFC-Brennstoff­zelle[16].

Der Hauptvorteil der Brennstoff­zellen besteht in dem hohen Wirkungs­grad von bis zu 65%.[17]


4.1.4 Generatoren


Generatoren im
Hooverdamm in Nevada[21]
Ein Generator kann aus Bewegungs­energie elek­trische Energie her­stellen. Dies geschieht über drehende Magnete bzw. Spulen, wobei durch die ständige Änderung des Magnet­feldes in den Spulen eine Span­nung indu­ziert wird.[18] Der Wirkungs­grad beträgt in guten Generat­oren über 90%, was sie für die Strom­gewinnung sehr interessant macht.[19]
Für die Gewinnung der Energie für die Dreh­bewegung stehen bei der Ver­wendung von Gas folgende Techniken zur Ver­fügung:

Der Nachteil an diesen Techniken ist der geringe Wirkungs­grad von höchs­tens 60% bei der Gasturbine. Grund für diese schlech­ten Wirkungs­grade ist, dass diese Techniken alle das Gas verbrennen um so durch Druck­aufbau Bewegung zu erzeugen. Bei der Umwand­lung von Wärme gilt als Ober­grenze der Carnot-Wirkungs­grad.[20]
Deswegen gibt es Konzepte, um die entstehende Abwärme effizient zu nutzen: ↓ Kraft-Wärme-Kopplung ↓.

4.1.4.1 Dampfturbine

Bei der Dampfturbine wird Gas verbrannt, um Wasser zum kochen zu bringen. Der entstehende Über­druck treibt eine Turbine an. Wirkungs­grad liegt bei höchstens 50%.[22]

Das Bild zeigt eine HMN Dampfturbine im Kohlekraftwerk 3 (Mainz-Wiesbaden).[27]


4.1.4.2 Gasmotor

Der Gasmotor funktioniert ähnlich wie der Ottomotor. Ein explosives Luft-Gas-Gemisch wird im Kolben verdichtet durch einen Funken ent­zündet. Es kommt zu einer kleinen Explosion, die den Kolben ausein­ander drückt, sodass dieser die Kraft auf eine Welle über­tragen kann. Wirkungsgrad liegt zwischen 25 und 42%.[23]

Das Bild zeigt ein von der Firma LichtBlick in Zusammen­arbeit mit VW entwick­eltes Blockheiz­kraftwerk mit Gasmotor.[28]
Weitere Infor­mationen zum Blockheiz­kraftwerk von LichtBlick stehen bei ↓ Kraft-Wärme-Kopplung ↓.


4.1.4.3 Gasturbine

In einer Gas­turbine treibt, im Gegen­satz zur Dampf­turbine, das verbrannte Gas direkt die Turbine an. Dies ermöglicht eine hohe Betriebs­temperatur, wodurch der Carnot-Wirkungs­grad größer wird. Der Wirkungsgrad von Gas­turbinen liegt deswegen bei bis zu 60%.[24]

Das Bild zeigt eine von Simens entwickelte und zur Zeit weltweit leistungs­stärkste Gas­turbine SGT5-8000H im bayeri­schen Irsching bei Ingol­stadt.[29]



4.1.5 Kraft-Wärme-Kopplung

Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) beschreibt die effiziente Verwendung von Verlust­leistungs­wärme bei verschie­denen Arten von Energie­umwandlungen oder anderen Prozessen. Die Nutzung der Abwärme kann entweder durch Fernwärmeleitungen bei Großanlagen (Zentral) oder durch Anschluss einer hauseigenen Strom­erzeuger­anlage an die Heizung (Dezentral) erfolgen.[25]
Weitere Informationen hierzu stehen im Kapitel Wärmenetze.

Bei der ↑ SNG-Erzeugung ↑ dürfte die KWK keine große Rolle spielen, da hier die bereits über­flüssige Energie verwendet wird. Bei der Rück­verwandlung, insbesondere bei wenig effizienten Motoren/Turbinen, dagegen ist die Nutzung der Abwärme von großem Interesse, besonders während der Winter­monate. Deswegen ist in Zukunft mit einer zunehmenden Dezentral­isierung der Strom­versorgung zu rechnen.[26]

Für dezentrale Kleinanlagen werden in erster Linie Gas­motoren genutzt werden. Das Unter­nehmen LichtBlick stellt für den häus­lichen Gebrauch in einer Zusammen­arbeit mit VW Block­heiz­kraft­werke mit einer elek­trischen Leistung von 19 Kw und einer Wärme­leistung von 31 Kw her. Der Verstromungs­wirkungs­grad beträgt dabei nur etwa 37%, jedoch können durch effiziente Kraft-Wärme-Kopplung über 90% der zuge­führten Energie genutzt werden.[30]


Quellenangaben

[1]  http://www.buetzer.info/fileadmin/pb/pdf-Dateien/Wasserelektrolyse.pdf   (09.11.2010, 19:55)

[2]  http://www.hydrogeit.de/wasserstoff.htm   (09.11.2010, 19:41)

[3] vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Synthetic_Natural_Gas   (02.11.2010, 22:10)

[4] vgl. Synthetic Natural Gas of brown coal   (02.11.2010, 22:30)

[5] siehe Energiespeichertechnologien

[6] vgl. http://www.zsw-bw.de/index.php?id=54   (22.11.2010, 19:40)

[7] vgl. http://derstandard.at/1271375348180/Wind--und-Solarkraftwerke-Neue-Stromspeichertechnik-mit-synthetischem-Erdgas   (13.11.2010, 09:38)

[8] vgl. http://www.fraunhofer.de/presse/presseinformationen/2010/04/strom-erdgas-speicher.jsp   (03.11.2010, 08:05)

[9] Bildquelle: http://www.zsw-bw.de/typo3temp/pics/ada9a8d9b2.jpg   (03.11.2010, 16:20)

[10] Bildquelle: http://www.diebrennstoffzelle.de/wasserstoff/images/prod_elektrolyseur.jpg   (13.11.2010, 12:01)

[11] Bildquelle: http://www.bayray.de/uploads/pics/MTU_01.JPG   (25.11.2010, 19:48)

[12] vgl. http://www.energieroute.de/ratio/brennstoffzellen.php   (01.12.2010, 12:30)

[13] vgl. http://www.chorum.de/   (01.12.2010, 12:55)

[14] Reaktionskinetische Untersuchungen zur Methan-Dampf-Reformierung und Shift-Reaktion an Anoden oxedkeramischer Brennstoffzellen; Seiten 15ff   (01.12.2010, 13:07)

[15] vgl. http://news.suite101.de/article.cfm/forscher-der-tu-berlin-weisen-neue-wege-fuer-brennstoffzellen-a74729   (01.12.2010, 14:10)

[16] siehe http://www.gasag.de/innovation/einfamilienhaus/aus-erdgas-waerme-strom/brennstoffzelle/seiten/brennstoffzellentypen   (01.12.2010, 14:21)

[17] vgl. http://www.energieroute.de/ratio/brennstoffzellen.php   (01.12.2010, 14:17)

[18] siehe http://www.energiewelten.de/elexikon/lexikon/seiten/htm/070201_Elektromagnetische_Induktion.htm   (14.12.2010, 16:41)

[19] siehe http://www.ureader.de/msg/140022871.aspx   (14.12.2010, 20:38)

[20] siehe http://www.energieinfo.de/eglossar/carnot_wirkungsgrad.html   (14.12.2010, 17:04)

[21] Bildquelle: http://firelily.com/stuff/hoover/image/upper.generator.room.jpg   (14.12.2010, 17:20)

[22] siehe http://www.lerntippsammlung.de/Die-Dampfturbine.html   (14.12.2010, 20:41)

[23] siehe http://energieberatung.ibs-hlk.de/planbhkw_bio.htm   (14.12.2010, 17:51)

[24] siehe http://www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/107579/   (14.12.2010, 17:53)

[25] siehe http://www.bhkw-infozentrum.de/erlaeuter/kwkprinzip.html   (14.12.2010, 18:02)

[26] siehe Fakten und Thesen zur Dezentralisierung der Stromerzeugung von Dipl.-Volkswirt Adi Golbach

[27] Bildquelle: http://www.kmw-ag.de/download/pressefotos/kraftwerk_turbine.jpg   (20.12.2010, 11:48)

[28] Bildquelle: http://weser-ems.business-on.de/resizeimg.php?img=dateien/bilder/lichtblick_kraftwerk_transp_business_onde.png&maxw=438&maxh=600&zoom=1   (20.12.2010, 14:48)

[29] Bildquelle: http://www.dlr.de/blogs/Portaldata/66/Resources/energie/gasturbine_siemens_2_600.jpg   (20.12.2010, 14:16)

[30] Bildquelle: http://www.lichtblick.de/h/technik_291.php   (20.12.2010, 15:12)